Als invasive Arten bezeichnet man gebietsfremde Arten, die durch ihre Ausbreitung und Etablierung negative, ökologische, soziale, gesundheitliche, oder wirtschaftliche Auswirkungen haben. Nach einer Listung der Europäische Kommission von 2016, zuletzt 2019 aktualisiert, befinden sich innerhalb der EU 66 Arten (36 Pflanzen- und 30 Tierarten), die als invasiv gelten. Den Umgang mit ihnen regelt das Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG) in §39-§40 und das jeweilige Landesrecht.

Täglich befinden sich etwa 7000 Arten, gewollt und ungewollt, auf Wanderschaft. Teilweise handelt es sich um „natürliche Verbreitungsprozesse“, in der globalisierten Welt werden diese Prozesse allerdings vom Mensch stark beschleunigt. Im Ballastwasser von Schiffen (welches in den Häfen getauscht wird), auf Verkehrsmitteln an Land, aber auch in der Luft reisen Arten auf vielfältige Weise als „blinde Passagiere“ oder Handelsware mit. Die Einfuhr von Fischarten für (Angel-) Fischerei, Aquakultur und Zierfischhaltung ist ebenfalls ein sog. Eintragspfad. Nicht nur durch das illegale Aussetzen von Aquarien- oder Teichfischen, sondern auch durch sog. „Mischbesatz“ gelangen gebietsfremde Fischarten in Gewässer. Viele Arten erreichen so Regionen, die ohne den Menschen für sie nicht erreichbar wären und in denen sie somit die Chance bekommen, sich zu etablieren.

Nach der Ankunft einer potentiell invasiven Art im System, können Verdrängungsprozesse durch folgende Faktoren stattfinden:

  • Einbringung von Krankheiten
  • Konkurrenz um Nahrung und Lebensraum
  • Direkte Prädation
  • Genetische Effekte (z.B. durch Kreuzung)

Ist die Art einmal etabliert, verändert sich damit die biologische Artenvielfalt und damit das Ökosystem selbst. Auch gibt es Arten, die sich konkurrenzlos bzw. ungehindert in großer Zahl etablieren und somit ein Ökosystem direkt verändern können. Beispiel hierfür ist die Quagga-Muschel, welche sich bei optimalen Bedingungen in kürzester Zeit massenhaft vermehrt und durch ihre enorme Wasserfilterleistung die Wasserzusammensetzung und Sichttiefe beeinflusst. Derartige Veränderungen haben wiederum Folgeeffekte (z.B. auf Wasserpflanzen), die das Ökosystem binnen kurzer Zeit grundlegend verändern können.

Die Etablierung einer invasiven Art kann durch die Degradation von Ökosystemen (z.B. monotone Steinschüttungen), aber auch den Klimawandel und andere Faktoren begünstigt werden. Laut einer Schätzung des Helmholz-Institutes sollen bis 2050 bis zu 2500 neue Arten einwandern. Um dem entgegen zu wirken, wird zwar ein Überwachsungssystem aufgebaut, Prävention bleibt jedoch die wirksamste Maßnahme gegen invasive Arten. Ein intaktes Ökosystem kann die Ausbreitung verlangsamen bzw. verhindern. Daher ist der Umgang mit der Gewässermorphologie ein zentrales Thema im (Angel-) Fischereisektor und damit die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL).

Im Bereich der (Angel-) Fischerei gilt es, landesspezifische, rechtliche Einschränkungen zu beachten, um der Verbreitung gebietsfremder Arten vorzubeugen. Im Fischereigesetz (FischG) Sachsen-Anhalts ist dies in §41 (1) und (2) geregelt. Sinngemäß ist der natürliche Zustand eines Gewässers zu erhalten, oder anzustreben und der Bestand heimischer Arten nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG) zu erhalten. Der Besatz mit nicht-heimischen Fischarten ist verboten und kann nur in Ausnahmefällen durch die oberste Fischereibehörde, in Abstimmung mit der obersten Wasser- und Naturschutzbehörde, genehmigt werden. Trotz landesspezifischer Regelungen kommt es auch durch die (Angel-) Fischerei in Deutschland zur Ausbreitung invasiver Arten. Beispiele hierfür sind der bei Anglern beliebten Forellenbarsch (Micropterus salmoides), der bereits in der Havel nachgewiesen wurde, oder der Wolgazander (Sander volgensis), der sich besonders in begradigten Schifffahrtskanälen etabliert und sich dort mit der heimischen Art (Sander lucioperca) kreuzt.

Der Zoofachhandel gilt als eine der großen Verbreitungsquellen, durch den ein besonders vielfältiges Artenspektrum in die Umwelt gelangt. Viele Tierarten werden nach ihrer Haltung ausgesetzt in dem Glauben, es ginge ihnen gut in der Natur und sie würden dort keinen nennenswerten Schaden anrichten können. Allerdings sterben freigelassene Tiere oft qualvoll, oder sind in der Lage sich anzupassen und auszubreiten. Zwar dürfen viele gefährliche Tierarten - z.B. die Schnappschildkröte (Chelydra serpentina) - nicht gehandelt werden und der Reptilienhandel geht zurück, dennoch werden weiterhin viele verbreitungsfähige Tierarten verkauft. Diesbezüglich zeichnet sich in den letzten Jahren eine Diskussion ab, ob und inwiefern der rechtliche Rahmen des Verkaufs zu überdenken ist. Da es keinen „Plan B“ für gehandelte und sich ausbreitende Tierarten gibt, steht die Frage im Raum, ob nur noch spezielle Arten verkauft werden sollten, deren Anpassungsfähigkeit an die ökosystemaren Bedingungen in Deutschland nicht gegeben ist. Stenotherme, tropische Arten wären hier beispielsweise nicht überlebensfähig und könnten sich auch nach Freilassung nicht ausbreiten. Eine solch radikale Umstellung erscheint jedoch eher unwahrscheinlich, da einerseits das Handelsspektrum eingeschränkt werden müsste (was sicherlich auf erheblichen Gegenwind stoßen wird), andererseits ist der Verkauf insgesamt sehr schwer zu koordinieren bzw. zu überwachen. Insbesondere der zunehmende Internethandel mit Tier- und Pflanzenarten ist kaum zu kontrollieren, auch, weil dort teilweise Arten unter falschen Namen angeboten werden, um eventuelle Beschränkungen zu umgehen. Doch auch der „klassische“ Zoofachhandel unterliegt aufgrund der Firmenkonkurrenz keiner zentralen Erfassung. Für Betriebe im Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e.V. (ZZF) wird zwar verbandsintern die Erfassung der gehandelten Arten vorgenommen, jedoch befinden sich viele Händler und Firmen nicht in diesem Verband. Speziell im Bereich Aquaristik kommt auch die Frage auf, weshalb die Aquaristik, bezogen auf Gefährdungsnachweise, rechtlich nicht wie die Aquakultur behandelt wird. Da es sich bei Aquaristik um Aquakultur handelt, ist es verwunderlich, dass die „klassische“ Aquakultur zur Lebensmittelerzeugung einer (artspezifischen) Risikoanalyse bedarf und der Handel mit Aquaristik-Arten nicht. Im Bereich des Zoohandels ist folglich die Aufklärung zu steigern, um der Einbringung und Etablierung invasiver Arten entgegen zu wirken.

Vielerorts gilt für invasive Arten eine Entnahmepflicht, die jedoch teilweise zu Problemen führt. Unterliegt eine Art nicht dem Jagdrecht, kann es bei der Entfernung bzw. Tötung zu Kollisionen mit dem Tierschutzrecht kommen. Ein einheitliches Vorgehen, welches grenzübergreifend vorbeugt, ist ebenfalls problematisch, da beispielsweise das Fischereirecht Ländersache ist. Insgesamt besteht Konsens darüber, dass Aufklärung und Kommunikation, sowie Dokumentation und Forschung, die wichtigsten Aspekte sind, die es weiter auszubauen gilt.

 

Beispiele Berlin / Brandenburg:

In Brandenburg sind 25 nicht-heimische Fischarten erfasst, davon 17 (potentiell) invasiv. Einzelnachweise (z.B. Piranha) sind nicht enthalten. 5 invasive Krebsarten haben, auch durch Übertragung der Krebspest, den heimischen Edelkrebs bereits größtenteils verdrängt.

Hat sich eine invasive Art etabliert, besteht die Möglichkeit, diese zu nutzen. Beispielsweise ist die Wollhandkrabbe mittlerweile ein Wirtschaftsfaktor innerhalb der brandenburger Fischerei geworden. Der Amerikanische Sumpfkrebs (Procambarus clarkii) andererseits hat international eine große Bedeutung für die krebsfleisch-produktion und ist in der Aquaristik sehr beliebt. Er hat eine geringe Lebenserwartung, eine hohe Reproduktionsrate, verursacht Schäden durch Pflanzenfraß und überträgt die Krebspest. Seit 2014 wird die Art in Berlin nachgewiesen, wo sie vermutlich durch Aquarianer ausgesetzt wurde. Seit 2017 zeigt sich eine deutliche Ausbreitung in der Havel um Berlin und Potsdam. Es wurde eine vorübergehende Erlaubnis zur Entnahme und Nutzung erteilt. Zusätzlich gab es eine Ausschreibung im Fischereisektor mit dem Ziel, durch Entnahme eine Bestandsreduktion zu erreichen. Warum hier nur eine temporäre Nutzungserlaubnis erteilt wurde und ob eine dauerhafte Nutzung sinnvoller wäre, wird hinterfragt. Sie könnte den dauerhaften Bestand kleinhalten und den Prädatoren helfen, sich an die Veränderungen anzupassen. Auch die Vermarktung der Art steht vor einer Herausforderung. Es sollen künftig nur noch tote Individuen verkauft werden dürfen, da der Lebendhandel zu risikoreich sei. Allerdings wird sich dies für viele Betriebe aufgrund des Lebensmittelvermarktungsrechts nicht mehr lohnen, da bei toten Individuen keine Haltbarkeitskontrolle mehr gegeben ist und Vergiftungsgefahr besteht. Zusätzlich unterliegt die Verarbeitung (Töten / Kochen) der Zulassungspflicht, was erhebliche Kosten nach sich zieht. Daher kommen nur Fischereibetriebe, die bereits als Lebensmittelhändler aktiv sind, oder die bereits eine Kooperation mit einem Händler haben, in Frage.

Gefördert durch das Land Sachsen-An­halt mit Mitteln der Fischereiabgabe